1. Der Wettbewerb für den neuen Bildungscampus
Die Pädagogische Hochschule Tirol (PHT) in Innsbruck ist mit 1.000 Studierenden im Erststudium und 15.000 in der Fort- und Weiterbildung eine der großen Hochschuleinrichtungen Österreichs und dient als Zentrum der Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer. Was dieser großen Einrichtung lange fehlte, war ein würdiger Hochschulcampus, denn die verschiedenen Abteilungen der PHT waren Jahrzehnte lang über die Stadt verstreut. Um diesen Mangel zu beheben, wurde ein EU-weiter offener Wettbewerb für einen neuen Bildungscampus ausgeschrieben, aus dem die Architekten-Partnerschaft ARSP Architekten im Jahr 2012 als Sieger hervorging. ARSP Architekten überzeugten mit einem Entwurf, der die vorgefundenen Qualitäten des Bestands aufnimmt, weiterdenkt und auf die aktuellen Anforderungen der Schul- und Hochschullandschaft reagiert. Es folgten Jahre intensiver Planung, bis im Sommer 2018 mit den umfangreichen Baumaßnahmen begonnen werden konnte. Drei Jahre später konnte der neue Campus der Hochschule übergeben werden. Die feierliche Eröffnung der PHT fand nach einer durch die Coronalage bedingten Verzögerung am 19. Mai 2022 statt.
2. Altes und Neues geschickt miteinander vereint
Die Bestandsgebäude vor Ort wurden 1976 im Zuge der Olympischen Spiele in Innsbruck errichtet. Ihr Schicksal wurde in den Wettbewerbsbestimmungen nicht festgelegt – auch ein Komplettabriss wäre möglich gewesen. Allerdings ist ein Komplettabriss aus Gründen der Ressourcenschonung heute nicht mehr zeitgemäß, außerdem sind die Gebäude seit Jahrzehnten Identifikationspunkte des Stadtquartiers. Deshalb entschieden sich ARSP Architekten dafür, möglichst viel Bestand zu erhalten und so viel Neues hinzuzufügen, wie es die Bauaufgabe erforderte. Im Ergebnis wurde etwa die Hälfte des Bestands erhalten und revitalisiert.
3. Die Bauvolumina
Die neue PHT besteht aus einem Sockelgeschoss und vier aufsitzenden Baukörpern. Das Sockelgeschoss ist rundum verglast, wodurch es sehr leicht wirkt. Es stellt eine transparente Ebene dar und verbindet den Straßenraum und den städtischen Vorplatz einerseits mit dem südlich gelegenen Park andererseits. Das Erdgeschoss beinhaltet sämtliche gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Aula, Mensa, Bibliothek und Hörsäle.
Auf dem Sockelgeschoss sind vier jeweils viergeschossige Baukörper aufgesetzt, bei denen es sich um zwei Bestandsgebäude und zwei von ARSP Architekten neu entwickelte Baukörper handelt. Jeder dieser aufgesetzten Baukörper nimmt eine spezifische Nutzung auf: Verwaltung, Praxisschulen, Sonderunterricht und Seminarräume. Die Dachflächen des Sockelgeschosses führten die Architekten begehbar aus, sodass sie nun als zusätzliche Aufenthaltsräume genutzt werden und eine schnelle Durchquerung des Campus ermöglichen. Im Süden des Campus befinden sich die Sporthallen und ein Schwimmbad, die ARSP Architekten sanieren ließen.
Die beiden revitalisierten, aufgesetzten Gebäudeteile befinden sich im Westen des Campus. In einem haben die Architekten die Sonderunterrichtsbereiche „Kulinarik und Ernährung“, „Naturwissenschaften“, „Werken“ und „Musik“ organisiert, der zweite Bestandskörper nimmt 21 Seminarräume und drei Multimediaräume auf. In beiden Bestandskörpern wurde der Innenraum komplett erneuert: Die Oberflächen wurden ausgetauscht, die Haustechnik ersetzt, der Brandschutz ertüchtigt und Barrierefreiheit hergestellt.
In den beiden Neubauten im Osten des Campus sind die Verwaltung und die beiden sogenannten Praxisschulen untergebracht. Die Volks- und Mittelschule sind sprengelfreie MINT-Schulen, die als Forschungseinrichtungen für innovative Unterrichtsmethoden dienen und an denen die Studierenden der PHT hospitieren.
4. Die Fassade: glänzend und verbindend
ARSP Architekten entwickelten eine Fassade aus gekantetem, feinperforiertem Aluminiumblech, die Bestand und Neubau gleichermaßen umschließt. Die Verbindung aller Gebäudeteile stärkt den Campusgedanken und lässt das gesamte Gebäude als Einheit wirken. Das Fassadenmaterial reagiert stark auf sich veränderndes Tageslicht und dieser Effekt wird auch durch die umliegende Bergkulisse beeinflusst. Dadurch wirkt die Fassade sehr lebendig.
Für die Gebäudehülle setzte man beim Projekt auch auf langlebige Aluminiumsysteme. So kam zur Ausschöpfung der größtmöglichen natürlichen Belichtung für die festverglasten Bereiche das Fassadensystem Schüco FWS 50 zum Einsatz. Gezielt eingesetzte Öffnungselemente in der Fassade wurden mit dem Fenstersystem Schüco AWS 90.SI+ sowie Schüco AWS 57 RO umgesetzt – zur Erfüllung aller bauphysikalischer Anforderungen mit größtmöglichem architektonischem Gestaltungsspielraum.
Ein besonders interessantes Element ist die eindrucksstarke Signaletik, die zusätzlich zum einheitlichen Bild des Gebäudes beiträgt. Alle Gebäudeteile werden nämlich durch ein Wortpalindrom geeint – ein umlaufendes poetisches „Bildungsband“, das in Zusammenarbeit mit dem büro uebele entwickelt wurde. Die einzelnen großformatigen und weithin sichtbaren Wortkombinationen über dem Sockelgeschoss lassen sich sowohl vorwärts als auch rückwärts lesen. Das büro uebele entwarf auch das Leitsystem für den neuen Campus.
5. Die Konstruktion
In puncto Konstruktion knüpfen ARSP Architekten an das klare Raster des Stahlbetonskelettbaus der Bestandsgebäude mit ihren raumprägenden Stützen und Unterzügen aus Stahlbeton an. In den Bestandsgebäuden wurden diese markanten Elemente von allen Ein- und Ausbauten freigelegt und wieder sichtbar gemacht. In den Neubauten wurden sie neu interpretiert. Diese gestalterisch wiederholenden Elemente bilden das Grundgerüst der Gebäude und ermöglichen ein hohes Maß an Flexibilität in der Nutzung. Besondere Funktionsbereiche wie der große Hörsaal werden architektonisch aus dem Raster herausgenommen und damit räumlich betont. In den vier aufgesetzten Baukörpern (auch in den Bestandskörpern) wurden zentrale Patios errichtet, die eine ideale Tageslichtversorgung der Innenräume sicherstellen.
6. Innenarchitektur
Die Innenarchitektursprache von ARSP Architekten zeigt sich reduziert. Sie konzentriert sich auf wenige, aber robuste Materialien: Sichtbeton, geschliffener Terrazzoestrich, Streckmetalldecken und Glas prägen das Interieur. Hochwertige magnesitgebundene Holzwolle-Akustikplatten in verschiedenen Grautönen sorgen in vielen Bereichen für eine optimale Raumakustik. An Wänden dienen sie oftmals auch als Pinnwände und bieten zugleich einen ordnenden und verbindenden Hintergrund im Raum. In den Praxisschulen ergänzen warme Holzfußböden und -möbel sowie kräftige Blautöne das Material- und Farbkonzept, wodurch die Innenarchitektur wohnlicher wirkt.
Projekt: |
Name des Projekts: Pädagogische Hochschule Tirol, Innsbruck |
Architektur/Generalplanung: ARSP Architekten ZT, Dornbirn/Innsbruck/Stuttgart |
Planungsbeginn: 04.2013 |
Baubeginn: 08.2018 |
Fertigstellung: 03.2021, Eröffnung: 19. Mai 2022 |
Grundstücksgröße: 16.352 m² |
Bruttogeschossfläche (EF): 29.068 m² |
Nutzfläche (NRFa): 24.288 m² |
Auftragnehmer: |
Aufzugsanlagen: Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH |
Fenster, Fassaden- und Türsystem: AluKönigStahl GmbH
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Tragswerksplanung: gbd Holding ZT GmbH |
Metallfassade: V-Met GmbH
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Sauberläufer: emco Bautechnik GmbH |
Schulmöbel: Mayr Schulmöbel GmbH |
Medientechnik: Gendo GmbH |
Bauphysik und -akustik: BDT | Bauphysik Wir beschäftigen uns mit (Ihren) Fragen aus den Bereichen Bauphysik und Energie. Auch die Fachgebiete Raum- und Bauakustik gehören zu unseren fachlichen Kompetenzen. Wir entwickeln in fachübergreifender Zusammenarbeit mit anderen Ingenieurbüros gesamtheitliche Energiekonzepte. Ebenso erarbeiten wir Lösungen bei Bauschäden in den Fachbereichen Thermische Bauphysik und Schallschutz. |
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Galerie
* Titelfoto: Pädagogische Hochschule Tirol. Quelle: Zooey Braun