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1. Eine Stadt und ihr Eisen
In Eisenerz scheint sich alles um das begehrte Erz zu drehen: Die Stadt Eisenerz liegt am Erzbach in den Eisenerzer Alpen und unmittelbar neben der Stadt ragt der Erzberg in die Höhe. Die Geschichte des Ortes war seit seiner Entstehung im Mittelalter mit dem Abbau von Eisenerz verbunden, der im 16. Jh. seinen Höhepunkt erreichte. Das Aufblühen des Erzabbaus und des Radmeistertums hatte eine rege Bautätigkeit zur Folge, die das Städtchen zu einem wahren Architekturjuwel werden ließ. Aus dieser Zeit stammt auch der Schichtturm, der neben der Wehrkirche St. Oswald als Wahrzeichen der Stadt gilt.
2. Bau des Schichtturmes
Natürlich hat auch die Erbauung des Schichtturmes etwas mit dem Eisenabbau zu tun. Die Abbaurechte am Erzberg gehörten ab dem Mittelalter den Eisenerzer und Vordernberger Radmeistern. Radmeister, so wurden die Besitzer der Radwerke, der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hochöfen, genannt. Diese Herren protzten gerne mit ihren prunkvollen Häusern und ließen sich dabei gerne von der italienischen Renaissance inspirieren (eines der letzten, annähernd original erhaltenen, mittelalterlichen Radmeisterhäuser, ist das als Schwarzer Hof oder auch Scheichlhaus bekannte Gebäude).
Am 24. Februar 1581 beschlossen die Eisenerzer Radmeister auf einer Anhöhe über dem Erzbach ein Wachthaus zu errichten und es mit einer Glocke auszustatten, um damit die Bergleute zur Arbeit rufen zu können. Anstatt des eingangs geplanten einfachen Wachthauses wurde jedoch ein stattlicher Turm im Renaissancestil gebaut. Der Viereckturm ist schlicht gebaut, auffallend sind vor allem die italienisch wirkenden Zwillingsfenster, die auch anderenorts in der Altstadt zu besichtigen sind. Den weithin sichtbaren Turmbau krönt ein hohes Helmdach mit Filialtürmchen, das einen aufgesetzten Glockenturm trägt, in dem sich die große Turmglocke befindet. Die aus türkischen Kanonen gegossene Glocke wurde von dem Landesherrn, Erzherzog Karl II. von Innerösterreich, gespendet und mit zwanzig Pferden mühselig von Graz nach Eisenerz transportiert.
3. Funktion des Schichtturmes
Der Hauptzweck des Turmes bestand darin, mit dem mächtigen Klang der Turmglocke die Bergleute pünktlich zur Arbeit, also zur Schicht zu rufen – daher auch der Name „Schichtturm“. Weil man aber von dem Schichtturm aus die ganze Stadt überblicken konnte, wurde auch die Feuerwache, bis dahin im Turm der Oswaldikirche untergebracht war, in den Schichtturm verlegt und so versahen die Turmwächter ab 1585 rund um die Uhr ihren Wachtdienst in der Turmstube. Die Feuerwache war in Eisenerz sogar noch wichtiger als anderenorts, da in den vielen Radwerken die Brandgefahr besonders groß war. Bei Sichtung eines Feuers musste der Turmwächter eine rote Laterne und eine rote Fahne aus dem Turmfenster hängen, um dadurch die Feuerrichtung anzuzeigen. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts musste er zusätzlich noch drei Böllerschüsse und 6 Glockenschläge abgeben, um das Feuer zu melden.
4. Der Schichtturm heute
Der Schichtturm steht auf einer Anhöhe über dem westlichen Ufer des Erzbaches gegenüber der Wehrkirche St. Oswald. Der schon von Weitem sichtbare Renaissanceturm trägt durch sein Erscheinungsbild zum unverwechselbaren Ortsbild der Bergstadt bei. Das einzigartige montanhistorische Monument ist heute eines der Wahrzeichen der Stadt und eine beliebte Sehenswürdigkeit. Besucher erreichen ihn über kurze Serpentinen oder einen Kreuzweg von der Altstadt aus – der Fußweg dauert etwa eine Viertelstunde. Am Turm erwartet die Besucher zuerst eine einzigartige Aussicht auf die Altstadt und den Erzberg (ein toller Standpunkt zum Fotografieren). Es werden Führungen in den Glockenturm angeboten, bei denen man eine kleine Ausstellung besichtigen und allerlei Interessantes über die Funktion des Schichtturmes, den einstigen Untertagebau und die Funktion eines Radwerkes erfährt.
5. Die Umgebung des Turmes
Vom Schichtturm aus fällt der Blick auf den Erzberg, den Eisenerzer Reichenstein, den Pflaffenstein und natürlich die Stadt Erzberg. Das Abbaugebiet auf dem Erzberg, das den Anlass zum Bau des Turmes gab, zählt heute zu den modernsten Abbaugebieten in Europa und in der Stadt stehen noch weitere architektonischen Besonderheiten, wie die Kirchenburg St. Oswald im spätgotischen Stil oder das Alte Rathaus in der Innenstadt (heute das Stadtmuseum).