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1. Geschichte der Burg Bernstein
Die hoch über dem Tauchental gelegene Burg Bernstein ist die höchstgelegene Burg des Burgenlandes. Wann die erste Burg an dieser Stelle errichtet wurde, ist nicht bekannt, es wird jedoch vermutet, dass der erste hölzerne Wehrbau in der zweiten Hälfte des 9. Jh. errichtet wurde, als das umliegende Gebiet noch dem Erzbistum Salzburg gehörte. Die im Bernsteiner Gebirge gelegene Burg beherrschte das Tauchental und das am Fuße des Gebirges gelegene Dorf Grodnau.
Um 1200 wurden auf dem relativ großen Areal der hölzernen Burg die ersten Steinbauten errichtet, die Verteidigungsanlagen bestanden aber weiterhin aus aufgeschütteten Erdwällen und Holzpalisaden. Damals gehörte Burg Bernstein zu Ungarn und diente als Grenzfestung gegen Österreich. In österreichische Hand kam sie zum ersten Mal zu Beginn der Regierungszeit des österreichischen und steirischen Herzogs Friedrich II. (1230-1246), bevor sie 1236 vom ungarischen König Béla IV. zurückerobert wurde. In den folgenden Jahrzehnten wechselte die Burg mehrmals zwischen Österreich und Ungarn und spielte eine wichtige Rolle während der Güssinger Fehde von 1289 zwischen dem habsburgischen Herzogtum Österreich und Steiermark und den ungarischen Herren von Güns. Die wehrhafte Festung hielt als einzige Burg der Güssinger dem österreichischen Herzog Albrecht I. stand.
Im 14. Jahrhundert begann die Feste mangels Pflege langsam zu verfallen. Dies änderte sich, nachdem die Burg 1388 unter König Sigismund als Pfandbesitz an die Familie Kaniszay überging. Die neuen Besitzer machten sich sofort daran, die alte Anlage in gotischem Stil auszubauen. Sie errichteten Wehrmauern, einen Zwinger und einen hohen runden Bergfried. Die steinernen Wohngebäude wurden um einen Stock erhöht, die Nebengebäude bestanden aber auch nach diesem umfangreichen Ausbau noch aus Holz. Die Baukosten trieben die Pfandsumme so in die Höhe, dass sich eine Zurücknahme der Burg für den König nicht mehr lohnte und diese 1392 in das Eigentum der Familie Kanizsay überging.
1445 wurde die Burg vom römisch-deutschen König Friedrich IV. (dem späteren Kaiser Friedrich III.) erobert. Das war das letzte Mal, dass Burg Bernstein durch eine militärische Eroberung ihren Besitzer wechselte. 1486 wurde die Burg an Hans von Königsberg verpfändet, der dafür den Befestigungsausbau finanzierte. Die von Königsberg errichteten einen mächtigen äußeren Befestigungsring gegen die bereits sehr große Türkengefahr und bauten die Burg zu einer Renaissance-Festung aus. In den Türkenkriegen spielte die Burg wieder eine wichtige militärische Rolle. Sie wurde zwar nicht erobert, aber schwer beschädigt und zu allem Überfluss schlug 1536 auch noch der Blitz in den Pulverturm ein und löste eine Explosion aus, durch welche die innere Burg weitgehend zerstört wurde.
Die Burg wurde erneuert und mit gewaltigen Basteien versehen, deren Mauern stellenweise bis zu 36 m hoch waren. Die Pläne für die äußere Ringmauer und die dazugehörigen Basteien (Bernstein war die erste burgenländische Burg, die im Renaissancestil mit einem Basteiengürtel umgeben wurde) schuf der Festungsbaumeister Francesco Giuseppe de Pozzo, der nach der ersten Wiener Türkenbelagerung von 1529 auch den Ausbau der Wiener Stadtmauer leitete. Die Arbeiten dauerten bis 1590. Damals dürfte auch der tiefe, mit Quadern ausgemauerte Brunnen angelegt worden sein. Die moderne Burg hielt 1605 einem Rebellenheer unter Stefan Bocskay stand, doch 1617 erlitt die innere Burg wieder schwere Schäden durch eine erneute Explosion des Pulvermagazins.
Beim Wiederaufbau zwischen 1625 und 1627 wurde der weitgehend zerstörte Bergfried abgetragen und die übrigen Gebäude im Barockstil umgebaut. Nachdem die Burg 1647 wieder in ungarischen Besitz übergegangen war, wurde die Festung zum „Burgschloss“ umgestaltet, was vor allem den reich mit Stuckaturen verzierten Rittersaal betraf. 1703 wurde auch noch der Südtrakt umgebaut. 1892 kaufte Eduard von Almásy die Burg. Nachkommen bzw. Zugeheiratete dieser ungarischen Adelsfamilie sind heute noch die Eigentümer der Burg Bernstein.
2. Architektur der Burg
Eingang und äußerer Burghof
Die Burg Bernstein (ungarisch Borostyánkö) steht auf einem breiten Felsplateau. Es handelt sich um eine Felsenburg – ein Burgtyp, bei dem natürliche Felsformationen unmittelbar in die Wehranlagen einbezogen sind und den Aufbau der Anlage prägen. Das Felsplateau fällt nach Westen und Norden steil ab, nur auf der südöstlichen Seite ist es deutlich flacher und hier befindet sich auch der Zugang zur Burg. Auf dem vom Markt her ansteigenden Schlossweg erreicht man über eine auf drei gemauerten Pfeilern ruhende, einen künstlichen Verteidigungsgraben überquerende Brücke das Torgebäude. Die bis heute erhaltenen Rollenlager zeugen vom einstigen Vorhandensein einer Zugbrücke. Das äußere Burgtor ist schlicht, rundbogig und von einem rustizierten Steinrahmen mit einer geraden Verdachung eingefasst. Rechts vom Tor befindet sich eine schmale Fußgängertür.
Eine tonnengewölbte Einfahrt führt durch das Torgebäude in den ausgedehnten äußeren Burghof oder Zwinger. Im Obergeschoß des Torgebäudes wurde ursprünglich Proviant gelagert, in den sich auf der rechten Seite anschließenden Nebengebäuden befanden sich Stallungen, Schmiede, Brauerei und andere Wirtschaftsgebäude. Diese direkt an die Wehrmauer angebauten Gebäude wurden im 19. und 20. Jahrhundert meist zu Wohnungen umgewandelt (genau wie die Gebäude an der gegenüberliegenden Seite des äußeren Burghofes).
Weil der natürliche Schutz an der Südostseite am schwächsten ist, ist die Festungsmauer dort am stärksten und die Südostecke wird durch eine vorspringende Bastei geschützt. Im Norden steht eine kleine fünfeckige Bastion. Hier befindet sich auch der um 1590 angelegte Brunnen, der mit einer Tiefe von 140 bis 150 m bis zur Talsohle des Retten- und Stubenbaches reicht. Einst war es üblich, dass staunende Besucher brennendes Zeitungspapier in besonders tiefe Brunnen warfen, um einen Eindruck von der bautechnischen Leistung zu erhalten. Diese Praxis wurde eingestellt, um das Wasser nicht zu verschmutzen. In Bernstein wird heute Wasser hineingeschüttet und in absoluter Stille verharrende Besucher können nach etwa 15 Sekunden das Aufschlagen des Wassers hören.
In der Südwestecke des äußeren Burghofes befindet sich die Große Bastei, die größte Wehranlage der Burg. Teile des äußeren Burghofes sind heute gärtnerisch gestaltet.
Innere Burg
Die innere Burg mit ihren Wohnbauten liegt am höchsten Punkt des Burgareals. Die zweigeschossigen und teilweise unterkellerten Bauten sind nahezu schmucklos und haben alle die gleiche Höhe, was der Kernburg ein geschlossenes Aussehen verleiht. Das innere Burgtor ist rudbogig, hoch, aber schmal. Darüber prangt ein Sandsteinwappen der Familie Batthyány aus dem 18. Jh.
Der innere Burghof ist trapezförmig gestaltet. Auf der linken Seite steht die Kapelle und rechts das Treppenhaus. Beherrscht wird die Anlage vom fast quadratischen Schlossturm an der Nordostecke. Sein Mauerwerk ist bis über die Dachbodenhöhe mittelalterlich, das oberste Turmgeschoß sowie der Helm sind barock. Gekrönt wird der Turm von einem gebrochenen Mansardendach mit einem Pyramidenabschluss. Der direkt auf dem Felsen errichtete Nordtrakt ist der älteste Teil der Burg. Der Westtrakt wurde über einem großen halbkreisförmigen Felsen gebaut und hier sind auch die Grundmauern des ehemaligen Bergfrieds zu sehen.
Vor dem Treppenhaus liegt die alte Zisterne, zu der ein unterirdischer Kanal führt, der vermutlich im Mittelalter als Kläranlage gedient hat. Über die dreiläufige Treppe kommt man ins Obergeschoß. Im oberen Bereich ist das Treppenhaus mit gemalten Wappen der einstigen Besitzerfamilien geschmückt, wobei aber einige auf sagenhafte Überlieferungen zurückgehen.
3. Kultur- und kunstgeschichtliche Bedeutung der Burg Bernstein
Barockes Schloss
Als Burg Bernstein nach der Pulverexplosion von 1617 in den Jahren 1625-1627 wiederaufgebaut wurde, verlor sie ihren Burgcharakter und wurde zum barocken Schloss umgestaltet. Heute lassen sich im Schloss Räume mit Gemälden, reich verzierten Renaissancetüren schönen Öfen aus der Rokokozeit und Stuckarbeiten bewundern. Von den alten Öfen sind vor allem ein blau-weiß emaillierter Kachelofen mit Porträtreliefs des Königs Leopold I. und seiner Familie sowie ein Rokokoofen mit dem Pelikan, dem Wappentier der Familie Batthyány hervorzuheben. Im Schloss finden sich noch andere Sehenswürdigkeiten wie etwa die zweiflügeligen Türen der Bibliothek mit ihren geschnitzten Türfüllungen oder die Holzplastik in der Schlosskapelle, die die Kreuzabnahme darstellt. Im Torwächterhaus erinnert eine Streckbank an die die Kerkerzellen des Landgerichtes, das bereits Ende des 14. Jh. Mit der Burg verbunden war.
Rittersaal
Der kunstgeschichtlich interessanteste Teil der Burg ist der Rittersaal im Erdgeschoß des Südosttraktes, der aus dem inneren Burghof durch ein Renaissanceportal zugänglich ist. In den Jahren ab 1648, als unter Batthyány der Umbau der Festung zum „Burgschloss“ begann, wurden Decke und Wände des Saals reich mit Stuckaturen verziert. Die Reliefkartuschen zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie und aus den Metamorphosen des Ovid. Auch die Fensternischen sind vollständig mit Stuck bedeckt, dort sind Reliefs mit Jagdszenen zu bewundern.
4. Der Englische Patient
Der berühmteste Bewohner der Burg war der Entdecker, Saharaforscher, Pilot und Automobilpionier Ladislaus Eduard (László Ede) Almásy (1895-1951). Sein Leben diente dem kanadischen Schriftsteller Michael Ondaatje als Vorlage des Titelhelden im Roman „Der englische Patient“. Obwohl die im Roman und vor allem in der berühmt gewordenen Verfilmung beschriebene Geschichte nur entfernt mit dem historischen Grafen zu tun hat, hat er den Namen Laszlo Almásy weltberühmt gemacht. In der Burg erinnert heute eine Gedenktafel an den Forscher und Abenteurer.
5. Angebot für Touristen
In der Burg befindet sich heute ein Hotel mit Restaurant (Anmeldung erforderlich). Die Zimmer sind mit dem originalen Mobiliar aus vergangenen Jahrhunderten eingerichtet und Gästen steht ein erlesenes önologisches Angebot zur Verfügung (hauseigener Almásy Wein). Burg Bernstein ist ein hervorragender Ort, um unvergessliche Feste zu feiern. Heiraten im Schlossgarten? Festmahl im kerzenbeleuchteten Rittersaal (für bis zu 50 Personen)? Burg Bernstein ist eine märchenhafte Kulisse für Traumhochzeiten, Geburtstagsfeiern oder sonstige Feiern. Auf Wunsch können auch Kaminzimmer, Tanzsalon und Burghof mitverwendet werden. Anspruchsvolle Gäste mit Stil und Geschmack kommen hier auf ihre Kosten. Zudem finden zwischen dem 11. Juni und dem 27. Oktober auf der Burg immer wieder Konzerte, Tanz- und Fotografieworkshops oder kulinarische Events statt.
Aber auch wenn Sie sich eine Auszeit gönnen möchten und nach einem ruhigen Rückzugsort suchen, finden Sie in der von lauschigen Wäldern und idyllischer Landschaft umgeben Burg den richtigen Ort für Ihren Urlaub. Sie können Ausflüge in die Umgebung machen und traumhafte Landschaften im abgelegensten Teil Österreichs und abseits des Massentourismus für sich entdecken. Rund um Bernstein gibt es viele Wanderwege, der bekannteste ist der je nach gewählter Variante bis zu 120 km lange Alpannonia Weg, ein durchgehend beschilderter Höhen- und Panoramaweg. Die Region ist auch für Radfahrer und Motorradfahrer ein Geheimtipp.
In der unmittelbaren Umgebung befinden sich auch das Naturschwimmbad im Dorf Bernstein, die Burgenland Therme und eine Golfanlage. Und falls das Wetter schlecht wird, können Sie die das Innere der Burg erkunden, wo Sie selbst nach Tagen noch immer neue und interessante Dinge entdecken werden.
5. Felsenmuseum Bernstein: der Zauber des Edelserpentins
Zu den Sehenswürdigkeiten der schönen Ortschaft Bernstein gehört auch das Felsenmuseum Bernstein mit seinen Dauerausstellungen und wechselnden Sonderausstellungen, in denen Sie besondere Exponate und Raritäten aus der Bergbaugeschichte des Ortes und seiner Umgebung bewundern können.
Der Name des Ortes leitet sich von der Bernsteinstraße ab und in seinem Museum können Besucher alles über die Entstehung und Gewinnung des „fossilen Goldes“ Bernstein, die Bernsteinstraßen und die Nutzung des begehrten Schmucksteins seit der jüngeren Steinzeit und die ihm zugeschriebenen mystischen und heilenden Kräfte lernen.
Doch trotz seines Namens ist Bernstein im Burgenland vor allem für seinen Edelserpentin berühmt. Hier befindet sich nämlich der weltweit einzige Fundort des grün schimmernden Halbedelsteins, der von bekannten Mineralogen als geologisches Wunder bezeichnet wird. Seine zahllosen Grün-Nuancen machen ihn zu einem begehrten Material für Schmuck, Ziergegenstände und erlesene Kunstwerke, während er in der Steinheilkunde als Heilstein bekannt ist. Der in seinem Aussehen chinesischer Jade ähnelnde edle „Schlangenstein“ soll auf das menschliche Gemüt eine beruhigende und ausgleichende Wirkung ausüben (auch das Herz soll er vor Erkrankungen schützen) und das Wohlbefinden steigern – Eigenschaften, die in unserer oft hektischen modernen Welt besonders gefragt sind.
Das Museum widmet dem Edelserpentin-Kunsthandwerk eine eigene Ausstellung. Das Kunsthandwerk begann 1860 mit Josef Höfer, der – genau wie später sein Sohn – mit seinen kunstvollen Objekten internationale Preise erlangte. Eine weitere Ausstellung ist dem Werk des bisher einzigen österreichischen Fachmanns auf dem Gebiet der Edelserpentin- und Naturbernsteinverarbeitung Otto Potsch gewidmet, der Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts das Felsenmuseum Bernstein errichtete.
Zum Museum gehört auch ein Schaubergwerk, in dem anhand naturgetreuer Modelle die verschiedenen Abbaumethoden des Edelserpentins gezeigt werden. In Felsenvitrinen werden Raritäten aus Österreichs Bergen und in der Schatzkammer des Museums außergewöhnliche Mineralien, Kristalle und Edelsteine aus der privaten Sammlung ausgestellt. Im überdachten Freilichtbereich werden zudem viele historische Maschinen und Werkzeuge gezeigt, die für den 1991 eingestellten Antimonerzbergbau Schlaining genutzt wurden.
Unter den Sonderausstellungen des Museums ist besonders die Ausstellung „100 Jahre Burgenland 1921 – 2021, Aus Borostyánkö wird Bernstein“ zu erwähnen, die anlässlich der Hundert-Jahr-Feier der Zugehörigkeit Burgenlands zu Österreich eingerichtet wurde und noch bis 23.12.2022 zu sehen ist. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung und Veränderung der Edelserpentingemeinde Bernstein in den letzten 100 Jahren, als die Produktionsbetriebe für Kunsthandwerksgegenstände aus Edelserpentin zeitweise über 100 Arbeitskräfte beschäftigten und ihre Erzeugnisse nach England, China und Amerika exportierten.
* Titelfoto: Ostseite der Burg Bernstein. (Quelle: Archiv Almásy)