Attraktivierung des Lebensraums Mur
Das neue Stadtbootshaus Graz entstand im Rahmen der zunehmenden Attraktivierung des Lebensraums Mur, zu der auch die Förderung von Wassersportaktivitäten gehört. Die Mur im Stadtgebiet von Graz war über mehrere Jahrzehnte ein verschmutztes Gewässer mit einem vergleichsweise niedrigen Wasserspiegel und einer hohen Fließgeschwindigkeit. Deshalb gab es wenig Möglichkeiten, das Potenzial des durchs Stadtzentrum fließenden Flusses zu nutzen. Dies änderte sich jedoch durch die Verbesserung der Wasserqualität und die Anhebung des Wasserspiegels im Zuge der Errichtung des Murkraftwerks in Puntigam. So konnte unter anderem auch der Wassersport wieder im Stadtzentrum Einzug halten. Die Stadt fasste den Entschluss, das desolate Bootshaus am Marburger Kai, ein ehemaliges Murwärterhaus der historischen Mur-Dampf-Schifffahrt, durch ein neues Bootshaus für den Kajak- und Kanusport zu ersetzen.
Architektonisches Konzept des Bootshauses
2019 wurde von der Stadtbaudirektion ein geladener Realisierungswettbewerb für das neue Paddelbootshaus ausgelobt. Unter Einbindung von ASVK, Naturschutz, Grünraumabteilung der Stadt Graz und des Landes Steiermark wurden die Rahmenbedingungen entwickelt und formuliert, die ein Haus an diesem so besonderen Ort möglich machten. Unter dem Preisgerichtsvorsitz von Hemma Fasch wurde der Entwurf von Kuess Architektur ZT für das schmal an den Böschungsbereich eingeschnittene Gebäude mit dem 1. Preis ausgezeichnet.
Die Herausforderung bestand darin, das neue Stadtbootshaus räumlich und ökologisch sensibel in den begrünten Ufersaum an der Mur, inmitten der historischen Altstadt von Graz, zu planen. Das schmalgezogene, in die Hanglandschaft integrierte Gebäude schafft unterschiedlichste Außenraumqualitäten auf verschiedenen Ebenen und implementiert den Murraum wieder spürbar in den Stadtraum. Der Grundgedanke des Entwurfs war es, ein Gebäude als Hybrid zu planen, zwischen bloßer Überdachung mit der Möglichkeit die Innenflächen in den Naturraum zu erweitern und beheizbare Flächen changierend gestalten zu können. Wesentlich ist die Platzierung des Gebäudes hart an die Kante des Marburger Kais um einen großzügigen vorgelagerten Bereich zur Mur hin, nicht nur für die Nord-Süd-Achse des „grünen Bandes“ der Mur, sondern auch für die Stadtbevölkerung und Sportlerinnen, freizumachen und zu gestalten.
Das direkt vom Kai aus barrierefrei begehbare Gebäudedach mit Pflanztrögen und Sitzbereichen ist zur Mur hin abgetreppt und dient den StadtbewohnerInnen und -flaneurInnen als Stadtbalkon zum konsumfreien Verweilen und als Zusehertribüne der Vereinsaktivitäten des „Kanu Club Graz“ und „Grazer Kajakclub Wikinger“. Der 90 m² beheizte und sehr offen gestaltete Vereinsbereich mit innenliegender Funktionsbox, sowie der 120 m² große Bootslager-Bereich sind durch verschiebbare Holzfassadenelemente entweder komplett geschlossen oder sehr flexibel öffenbar. Dadurch gelingt es, die Innenbereiche nahezu übergangslos mit dem Außenraum zu verschränken.
Um den Paddlern einen optimalen Einstieg ins Wasser zu ermöglichen, sind neben einer Stufenanlage zum Fluss noch eine Slip-In Stelle und eine Kehrwasserbuhne umgesetzt worden, die zusätzlich eine Aufweitung der Uferpromenade formt und so den StadtbewohnerInnen als Aussichtsplattform im Fluss dient. Die sehr komplexen Anforderungen des beengten Baufeldes direkt am Fluss galt es, nicht nur in der Planung, sondern auch in der Umsetzung bestmöglich zu meistern.
Projekt: |
Name des Projektes: Stadtbootshaus |
Architektur, Interieur, Außengestaltung: Generalplanung - Kuess Architektur ZT |
Bauherrschaft: Stadt Graz, vertreten durch das Sportamt u. Stadtbaudirektion |
Fotografie: Christian Repnik, pierer.net, Rainer Wührer |
Planungsjahr: 2019 |
Ausführungsjahr: 2020/2021 |
Gebäudegröße: 41.75 x 5.72 m ca. 240 m² |
Stockwerke: 1 |
Grundstücksgröße: Bauplatzgröße ca. 1200 m² |
Pläne
Galerie
* Titelfoto: Stadtbootshaus Graz. Quelle: Christian Repnik.