Text: Petra Kickenweitz
Titelfoto: go-art georg ott
Das Büro pluspunkt architektur hat sich bereits sehr früh mit dem Thema des ökologischen Bauens mit Holz und alternativen Baustoffen auseinandergesetzt. So plante pluspunkt bereits 2012 das österreichweit erste lastabtragende eingeschossige Strohballenhaus in Eichkögl (Steiermark). Das 2016 fertiggestellte Einfamilienhaus HGW ist durch seine auffällige Außenform und durch seine Konstruktionsweise aus Brettsperrholzelementen mit Strohballendämmung beispielgebend. Das ungewöhnliche Erscheinungsbild erhält der dreigeschossige Holzbau in Stattegg nördlich von Graz durch die Gebäudesprünge und die markante Zinkblechfassade.
„Die Entwurfsidee“, so Architekt Gerald Diechler von pluspunkt architektur „generiert sich zum einem aus dem Anspruch einer ausgesprochen nachhaltigen und ökologischen Bauweise. Und zum anderen aus dem besonders exponierten und steilen Hanggrundstück sowie den räumlichen Anforderungen und Bedürfnissen einer 6-köpfigen Familie.“
Das Wohnhaus, auf einem Sockelgeschoss mit Doppelgarage aus Ortbeton stehend, schiebt sich in den Hang hinein und nutzt diesen durch seine Höhenstaffelung optimal, ohne massive Geländeveränderungen. Die zwei darauf ruhenden Wohnebenen werden von der Garage aus über eine Treppe mit Garderobenschleuse erschlossen und teilt sich in ein Stockwerk für die vier Kinder und einen Wohnbereich inklusive Elternschlafzimmer auf.
Das Erdgeschoss als Ebene der Kinder beherbergt vier gleichwertige nach Süden orientierte Kinderzimmer, die als Rückzugsräume dienen. Sie werden durch den großzügigen nach Westen orientierten Gemeinschaftsraum, einen eigenen Bereich für Lernen und Spielen, erweitert. Dieser Aufenthaltsraum verlängert sich durch die vorgelagerte Loggia Richtung Garten. Über ein dem Kinderbereich und dem Haupteingang zwischengeschaltetes kleines Foyer erreicht man die zentrale Treppe ins Obergeschoss. Durch das kleine Foyer und die eigenen Sanitärräume lässt sich das Erdgeschoss zu einem späteren Zeitpunkt ohne großen Aufwand zu einer Einliegerwohnung umbauen. Auf dieser Ebene befindet sich zudem in den Hang hineingebaut der Technik- und Kellerersatzraum.
Ins Obergeschoss – und damit in den offenen Ess- und Küchenbereich – gelangt man über eine einläufige schlichte Holztreppe. Der nach Westen orientiere Wohnraum ist von diesem Bereich durch eine Wandscheibe abgetrennt. Im östlichen Teil des Hauses befinden sich das Elternschlafzimmer mit eigenem Badezimmer und Sauna sowie der Wirtschafts- und Abstellraum.
Das Zentrum des Hauses erscheint überaus großzügig und außergewöhnlich durch den leicht trapezförmigen Grundriss und die asymmetrische Dachverschneidung aufgrund des diagonal versetzten Satteldachs mit aufgesetzter Laterne und nach Norden ausgerichteten Dachflächenfenstern. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die reduzierte Farb- und Materialgestaltung, die sich durch alle Räume des Hauses zieht. Die auf Sicht belassenen Brettsperrholzelemente wurden weiß lasiert, der Estrich lediglich versiegelt und die Innenwände, mit Gipskarton beplanktes Ständerwerk, weiß gestrichen. Einzelne Räume, wie der langgestreckte Gemeinschaftsraum der Kinder, entfalten allein aufgrund der Materialwirkung der Sichtbetonwand und der raumhohen Verglasung ihre besondere Atmosphäre. Holzelemente aus massiver geölter Eiche wurden sehr sparsam im Bereich der Treppe und Küche eingebaut. Zusätzlich wurden einzelne Brettsperrholzwände, wie in der Küche, Bad, Schlaf- und Kinderzimmer, mit Lehm in unterschiedlichen Ockertönen verputzt. Der Lehmputz reguliert in diesen Bereichen das Raumklima, indem er Feuchtigkeit aufnimmt und abgibt, Schad- und Geruchsstoffe bindet und schallisolierend sowie wärmespeichernd wirkt.
Dieses Spiel mit der Materialität, das sich durchwegs aus der Funktionalität und auch etwas Pragmatismus ergibt, wurde auch konsequent bei der Außenhülle umgesetzt. Hier finden sich an exponierten Stellen in der Fassade Holz-Alu-Fenster, während an überdachten geschützten Stellen reine Holz-Fassadenelemente und Holzoberflächen, weiß lasiert wie im Innenraum, gesetzt wurden. Eine hinterlüftete und im Werk gekantete Zinkblechfassade bildet sowohl den Wand- als auch Dachabschluss und prägt damit die monolithische Wirkung des Hauses.
Projekt: Name des Projektes: Architektur: Ort: Planungsjahr: Ausführungsjahr: Nutzfläche: Grundstücksgröße: Kosten: |
Fachplaner: örtliche Bauaufsicht:
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Auftragnehmer:Elektroinstallationen: Küche:
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Baumaterialien:Kreuzlagenholz: |
Technische Informationen:
Grundstücksvermessung
Bei einem Grundstück mit einem derartigen Steilhang ist eine Bodenuntersuchung im Vorfeld der Planung unumgänglich. Im Zuge des von Insitu Geotechnik ZT GmbH durchgeführten Bodengutachtens wurden Empfehlungen zur Gründung, Baugrubensicherung, Hang- und Böschungssicherung sowie Entwässerung des Grundstücks abgegeben, die dem Architekten als Entscheidungsgrundlage dienten.
Konstruktion
Bei Haus HGW wurden Strohballen als Dämmung vor die massive Brettsperrholzkonstruktion, welche die Wand- und Dachebene bildet, gesetzt. Dazu wurden den Massivholzelementen zusätzlich Holzriegel vorgelagert und dazwischen die Strohballen gestapelt. Die standardisierten und zertifizierten Baustrohballen, die mittlerweile europaweit als Dämmbaustoff zugelassen sind, wurden zusätzlich in der Wandebene festgezurrt und entstandene Zwischenräume mit Stroh ausgestopft. Damit ist dies eine weitgehend kunststofffreie und HFKW-freie Bauweise, die auch kostengünstig durch Eigenleistungen, u.a. der Dämmung des Hauses, umgesetzt werden konnte.
Haustechnik
Im Haus HGW sorgen lediglich eine thermische Solarkollektor-Anlage auf dem Dach und ein konventioneller Stückholz-Küchenherd für die Wärmegewinnung und zeitverzögerte Wärmeverteilung über die Fußbodenheizung. Damit kann der gesamte jährliche Heizungs- und Warmwasserbedarf mit einem 2000-Liter-Pufferspeicher im Haus gedeckt werden.
Für die technisch kompetente und zuverlässige Umsetzung der kompletten Elektroinstallation zeichnete sich die Firma Elektro Weiland GmbH aus Graz verantwortlich.
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